Viele Kunden, die mich für eine Sattelberatung buchen, haben das Problem, dass ihr Sattel nach vorne rutscht.

Der Sattel für sich allein bewegt sich ja nicht gell 🙂 Wenn der Sattel vorrutscht, hat das verschiedene Ursachen. Lass mich das mal näher aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten.

3 Gründe für das vorrutschen des Sattels:
  • Der Sattel hat die falsche Passform für das jeweilige Pferd
  • Der Reiter bewegt den Sattel nach vorne
  • Das Pferd bewegt den Sattel nach vorne
1. Die Passform des Sattels:

Der Sattel ist zu eng:

  • Wenn der Sattel nach vorne rutscht, kann es sein, dass der Sattel zu eng ist. Das heißt, der Sattelbaum ist zu eng und auch der Mittelkanal ist zu eng. Der Sattel ist im ganzen Baum nicht breit und weit genug. Er ist zu dachförmig, zu spitzig. Dadurch liegt er nicht auf dem langen Rückenmuskel, wo er eigentlich liegen sollte, sondern zu nah links und rechts der Wirbelsäule auf den Querfortsätzen der Wirbelkörper. Er rutscht und gleitet wie auf Schienen nach vorne Richtung Schulter oder sogar über die Schulter weg.

Der Sattel ist zu weit:

  • Es kann auch sein, dass der Sattel zu weit ist, d. h.  der Baum ist zu breit oder das Kopfeisen zu weit oder beides. Dadurch kommt der Sattel wieder nicht nicht auf der Rückenmuskulatur zum liegen, wo er aber liegen sollte. Er kommt dann teilweise auf dem Rippenbogen zum liegen, da gehört er nicht hin. Die Rippen sind zum einen nicht dafür da, um etwas drauf zu legen, und zum anderen können sie den Sattel in der Bewegung nach vorne transportieren.

Der Sattel liegt nicht in der Balance:

  • Der Sattel liegt nicht ausbalanciert. Der Sattel liegt hinten, wo der Reiter sitzt, zu tief und meist dann vorne, am Vorderzwiesel, an der Kammer, zu hoch. Er liegt wie so eine Absprungschanze. Er hat dann eine aufwärts-vorwärts Tendenz und schiebt sich vor auf die Schulter.
2. Der Reiter:
  • Der Reiter sitzt nicht in der Mitte des Sattels, sondern im hinteren Drittel. Entweder weil der Schwerpunkt des Sattels zu weit hinten ist, weil die Sitzfläche zu klein ist und der Reiter dadurch zu wenig Platz hat, oder weil der Reiter sich das einfach falsch angewöhnt hat. Dadurch hat der Sattel eine aufwärts-vorwärts Tendenz und der Reiter schiebt den Sattel auf die Schulter.
  • Der Reiter hat keinen ausbalancierten Sitz sondern einen „treibenden Sitz“. Damit ist gemeint, dass der Reiter den Oberkörper zu weit hinter der Senkrechten hat und evtl. noch das Becken dauerhaft nach hinten abgekippt hat. Durch diesen Bewegungseinfluß schiebt er den Sattel nach vorne Richtung Pferdeschulter. 
  • Der Reiter „stößt“. Das heißt, der Reiter macht zu starke Beckenbewegungen um der Bewegung des Pferdes folgen zu wollen oder es voran zu treiben. Er geht also nicht nur auf die Bewegung des Pferdes ein, passiv, sondern macht zu viel. Dadurch ruckelt er den Sattel nach vorne.
  • Der Reiter hat eine zu starke Zügeleinwirkung. Er sitzt nicht „an die Hand heran“, wie man so schön sagt, und reitet das Pferd in die Hand hinein, sondern er sitzt gegen die Hand und gegen die Zügel. Damit zieht er quasi an den Zügeln und schiebt den Sattel vor.

3. Das Pferd:

  • Das Pferd „schaufelt“ mit der Hinterhand beim laufen. Die Kraftrichtungsordnung der Hinterhand geht nicht ohne Umwege und zu wenig nach vorne. Es hat einen unnatürlich aufwendiges „Geläuf“ mit der Hinterhand. Durch diesen Bewegungsablauf schiebt das Pferd den Sattel nach vorne.
  • Das Pferd geht auf der Vorhand, es geht „bergab“ obwohl es auf ebenem horizontal geradem Boden läuft. Es sieht aus, als wenn die Vorderbeine zu kurz wären. Es läuft vorne „in den Boden hinein“. Das kann dazu führen, dass der Sattel nach vorne rutscht.
  • Das Pferd ist in der Hinterhand höher als in der Vorhand. D. h., wenn man eine horizontale Linie vom Widerrist zur Kruppe zieht, ist die Linie nicht „im Wasser“ (wenn man eine Wasserwaage drauf legen würde), die Linie fällt nach vorne Richtung Widerrist nach unten ab.

Der Sattel rutscht nur bei bestimmten Gelegenheiten:

Der Sattel rutscht nur im Trab:

  • Hier greife ich nochmal  das „schaufeln“ auf, welches ich weiter oben beschrieben habe. Das Pferd tritt nicht unverzüglich, also ohne Umwege, mit den Hinterbeinen nach vorne in Richtung Vorhand und in Richtung seines Schwerpunkts. Der Bewegungsablauf ist nicht ausbalanciert sondern hinten ungeschmeidig, irgendwie kantig, unrund in der ganzen Hinterkarre.

Der Sattel rutscht nur im Galopp.

  • Wenn das Pferd mit – wie man sagt – „hoher Kruppe“ galoppiert, oder eine andere Ausdrucksweise – „bergab“ galoppiert, auch wenn du auf horizontal geradem Boden reitest und gar nicht den Berg hinunter, hat der Sattel eine Tendenz nach vorne zu rutschen. Das hat nicht unbedingt etwas damit zu tun, wie weit dein Pferd ausgebildet ist, sondern wie gut oder schlecht es ausbalanciert ist.

Der Sattel rutscht nur beim bergab reiten.

  • Wenn der Sattel nur dann rutscht, wenn du bergab reitest, lässt das Pferd sich nicht in der Hinterhand „einsinken“, wie man sagt. Es beugt die Hinterbeine bzw. die Gelenke der Hinterhand nicht genügend, und tritt nicht genügend weit unter den Schwerpunkt. Grund dafür kann zum einen sein, dass das Pferd noch nicht genügend Kraft dazu entwickelt hat, um dies unter dem Reiter zu tun, zum anderen kann es ein unausbalancierter, nicht gewünschter Bewegungsablauf sein.

All diese Punkte die ich unter „das Pferd“ aufgeführt habe,  haben unterschiedliche Gründe. Das Pferd kann ein von Natur aus ungünstiges Gebäude für ein Reitpferd haben, oder von Natur aus ungünstige Bewegungsabläufe. Das ist aber eher selten. Meist sind die Probleme von uns Menschen verursacht. Es sind gesundheitliche Einschränkungen, Statikfehler und daraus resultierende unrunde Bewegungsabläufe, die das Pferd erworben hat. Sei es durch falsches Training, durch einen unpassenden Sattel, durch unausbalancierte Hufstellung oder durch falsche Haltung. Das alles lässt sich mit richtiger Therapie und richtigem Training, mit richtiger Haltung und gut ausbalancierten Hufen wieder ändern und verbessern, so dass sich das Pferd ausbalanciert bewegen kann, wie die Natur es vorgesehen hat.

Was du gegen das vorrutschen deines Sattels tun kannst:

Ursachen abstellen!

  •  Am Gangbild arbeiten
  • Sattelpassform prüfen lassen
  • am Sitz arbeiten

Was du mit dem Sattelgurt versuchen kannst:

  • Die Gurtung verändern. Benutze die ersten zwei Gurtstrupfen und lass die hintere Strupfe frei. Das verlagert die Einwirkung des Gurtes ein bisschen nach vorne und kann sich günstig auf das Problem des vorrutschens auswirken.
  • Ordentlich angurten. Nicht zu locker und nicht zu fest. Du solltest noch eine Hand reinschieben können zwischen Sattelgurt und Pferdebauch. Zwar mit ein bisschen Druck, sonst ist der Gurt zu locker, aber reinschieben können solltest du sie noch.
  • Mit verschiedenen Formen von Gurten spielen. Ein Mondgurt z. B., der in der Mitte des Bauches breiter ist und an den Ellbogen schmaler, schafft oft Besserung oder Abhilfe beim Vorrutsch-Problem.

Und Bitte KEINESFALLS:

  • Ein Schweifriemen!  Dieser hat einen sehr negativen Einfluss auf die Wirbelsäule und somit auf den gesamten Bewegungsapparat des Pferdes. Stell dir vor – es wirken Kräfte, wie oben beschrieben, die den Sattel nach vorne bringen. Und du schnallst den Sattel einfach an seinem Platz fest, indem du ihn an der Schweifrübe (die Verlängerung der Wirbelsäule) festschnallst, das kann nicht gesund sein. Die Kräfte sind ja da, und sie verdichten sich durch das festschnallen mit dem Schweifriemen,  weil sie nirgends hin können, und treiben ihr Unwesen im Pferd. Mit wirklich verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen auf die Wirbelsäule des Pferdes und damit auf den gesamte Bewegungsapparat.
  • Ein Vorgurt!  Dieser engt den Brustkorb und die Schulter immens ein! Ein Vorgurt wirkt wie ein zu enger Sattel, ein zu enger Sattelbaum und/oder ein zu enges Kopfeisen. Das Pferd ist in der Atmung blockiert, die Schultern werden blockiert und so weiter. Wie sich ein zu enger Sattel auswirkt kannst du hier nachlesen.

Zur Not für den Übergang – solange du an den Ursachen arbeitest:  

 

  • Ein Anti-Rutsch-Pad. Es hält den Sattel besser am Platz. ABER:  Auch hier ist es so: Die Kräfte, die den Sattel nach vorne transportieren, wirken und gehen irgendwo hin. Wenn du gegen diese physikalischen Kräfte, die sich entwickeln, einfach einen Stop reinhaust, hat das Auswirkungen. Der Sattel bewegt sich vor und das Anti Rutsch Pad hemmt diese Bewegung. Die Bewegung geht dann, da wo der Sattel und das Pad liegen, auf das Bindegewebe und auf die Muskulatur. Das reibt und stoppt, und nicht „nur“ an den Haaren und auf der Haut, sondern wie gesagt am Bindegewebe und der Muskulatur, und hat somit einen ungünstigen Einfluss.