Wenn du völlig ausgewogen sitzt, hast du ein besseres Reitgefühl und dein Pferd kann sich unter dir besser ausbalancieren. Ein wirklich balancierter Sitz hängt zum großen Teil von gleich langen Beinen ab. Und gleich lange Beine hängen zum grossen Teil davon ab, wie du dein Becken benutzt – und dort von kleinen Knochen, den Sitzbeinhöckern. Tief drinnen fängt es also an, wie so oft 🙂

Das klingt logisch, doch tatsächlich sind Reiterbeine oft nicht gleich lang, wenn du auf dem Pferd sitzt. Nicht immer merkt man das selbst. Doch schon eine kleine Unausgewogenheit macht Probleme beim Reiten.

Es gibt zwei Ursachen für ungleich lange Beine:

1. Ein schiefes Pferd

Jedes Pferd ist schief. Das ist einerseits angeboren und andererseits erworben durch Fehlhaltungen, falsche Bewegungsmuster, Blockaden. Das Pferd versucht, seine Schiefe auf den Reiter zu transportieren. Es setzt dich so hin, dass es schief bleiben kann. Das macht es nicht mit Absicht oder weil es dich ärgern will; es macht es, weil es den Weg des geringsten Widerstandes geht, wie wir alle, und der ist, in seinen Mustern drin zu bleiben.

2. Ein schiefer Reiter

Auch jeder Mensch ist irgendwie schief. Das ist entweder erworben, zum Beispiel durch einen Unfall, Knochenbruch, Muskelriss. Meistens kommt Schiefe aber einfach durch Fehlhaltungen. Wir merken unsere Schiefen oft gar nicht, weil sie manchmal subtil sind. Vor allen Dingen aber gleicht unser Körper automatisch aus. Wir „sind so“, für uns ist das normal, auch wenn es optisch nicht gerade ist.

Beim Reiten aber stoßen wir oft auf Probleme, die auf die Schiefe des Reiters und die des Pferdes zurückzuführen sind. Pferd und Reiter beeinflussen sich gegenseitig. Einer von beiden muss mit der Veränderung beginnen, und das ist der Reiter.

Sitzt du in Balance?

Wenn du meinen Newsletter liest, reitest du vermutlich schon länger. Du bist also deinen bisherigen Sitz gewohnt. Er fühlt sich richtig für dich an.

Doch überprüfe bitte demnächst, ob du tatsächlich ausbalanciert sitzt. Mach die folgende Übung bitte zuerst im Halten und dann im Schritt:

Balance kommt aus dem Becken, das Becken ist sozusagen das Bewegungszentrum. Unten am Becken befinden sich die Gesäßknochen, auch Sitzbeinhöcker genannt. Das sind die zwei Knochen, auf denen du u. a. sitzt. Stell dir die Sitzbeinhöcker vor, wie wenn es dicke Stifte wären und ein kleiner Teller drunter. Auf dem Teller sitzt du. Die Wirbelsäule des Pferdes ist zwischen deinen Sitzbeinhöckern. Der erste Grad der Balance beginnt damit, dass du die beiden Sitzbeinhöcker gleich weit weg von der Wirbelsäule des Pferdes platzierst.

Setz dich also wie gewohnt auf dein Pferd und spüre bewusst die Sitzbeinhöcker. Dann reite im Schritt los und nehme deinen Körper wahr, mit spezieller Achtsamkeit auf den Sitzbeinhöckern, sind sie links und rechts gleich weit weg von der Pferdewirbelsäule? Noch nichts verändern, nur wahrnehmen. Und dann nimm wahr, wie dein Pferd sich bewegt. Fleißig? Langsam? Drückt es nach innen? Drückt es nach außen? Dann hältst du an und korrigierst den Abstand. Also z. B. soll zwischen linkem Sitzbeinhöcker und Wirbelsäule 5 cm Abstand sein und vom rechten Sitzbeinhöcker zur Wirbelsäule auch 5 cm. Du fühlst das durch den Sattel durch, keine Sorge. Wenn der Abstand unterschiedlich ist, gleiche das aus, indem du dich weiter nach links oder nach rechts setzt.  Achte drauf, dass der Sattel gerade auf dem Pferd liegt, wenn der auf eine Seite hängt, sind zu viele schiefe Faktoren, dann klappt die Korrektur nicht.

Reite im Schritt an und fühle die seitliche Gleichheit der Sitzbeinhöcker. Und dann fühle was dein Pferd dazu sagt. Weicht es immer noch seitlich aus? Ist der Schritt geschmeidiger? Einfach mal wahrnehmen.

Jetzt geht’s um das Gewicht, also wie die Sitzbeinhöcker „ins“ Pferd rein wirken.

Die meisten Reiter merken, dass eine Seite stärker belastet ist. Das führt dazu, dass du links und rechts unterschiedlich aufs Pferd einwirkst. Das können ganz leichte Unterschiede sein oder ganz grosse Unterschiede, schau einfach mal.

Prüfe wieder im Halten, wie die Gewichtsverteilung auf deinen Sitzbeinhöckern ist. Noch nichts verändern, nur wahrnehmen. Es gibt keine Note. Es gibt kein gut oder schlecht. Bleib so wie du dich hingesetzt hast und reite an. Nimm wieder wahr, wie es sich im Schritt anfühlt und wie sich dein Pferd anfühlt und verhält.

Jetzt geht es ans Ausgleichen. Halte wieder an und verteile dein Gewicht auf beide Sitzbeinhöcker gleichmäßig. Auf der Seite, wo du weniger Gewicht auf dem Sitzbeinhöcker hast, kannst du dir bildlich vorstellen, wie du den Sitzbeinhöcker ins Pferd hinein „ausfährst“ – wie eine Teleskopstange.

Und dann wieder anreiten, reinspüren, in dich, in das Pferd. Hat sich etwas verändert?

Versuche bitte nicht, das „mal eben“ ein für allemal zu korrigieren. Der Körper und das Zusammenspiel mit deinem Pferd sind eingespielt auf das, was bisher war. Es geht bei der Übung nicht darum, dass du das sofort für immer änderst, sondern dass du erst einmal spürst, wie sich dein Sitz verändern muss, damit du deine Sitzhöcker mit gleichem Gewicht + Abstand auf dem Pferd liegen hast.

Der nächste Ankerpunkt, woran du Gleichmaß erkennen kannst, ist, wie viel Gewicht du im Steigbügel hast. Teste das zunächst, wenn das Pferd steht und du im Sattel sitzt. Prüfe, ob eines deiner Beine eventuell mehr Druck oder Gewicht im Steigbügel hat, als das andere. Auch hier können die Unterschiede klein oder groß sein. Achte drauf, dass du den Steigbügel auf beiden Seiten gleichmäßig unter der breitesten Stelle des Fußes platziert haben, sonst verfälscht es dein Gefühl.

Reite nun wieder im Schritt an und nehme eventuelle Unterschiede wahr. Dann beginnst du damit, das Gewicht auf beide Beine so gleichmäßig zu verteilen, dass du gleich viel Kontakt auf dem linken und rechten Steigbügel hast.

Bleibe eine Weile in der Übung und lasse deinem Körper Zeit, ein neues Gefühl abzuspeichern. Geh auch mit deiner Wahrnehmung zum Pferd. Wie reagiert es auf deine neue Balance? Geht es fleißiger vorwärts? Ist der Schritt geschmeidiger? Hat es mehr „Zug nach vorne“?

Diese Übung bringt dich einen großen Schritt weiter auf dem Weg zu einem ausbalancierten Sitz, mehr darüber folgt bald.

Viel Spaß und Erfolg! 🙂